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Was ist Männerbildung?


Während Frauenbildung schon seit Ende des 19. Jahrhunderts thematisiert und als eigener Bildungsbereich organisiert und gefördert wird, ist Männerbildung ein eher neuer Diskurs mit noch geringer Aufmerksamkeit, so etwa im Projekt bei der Einladung von Männern, Männergruppen, -initiativen und -organisationen zu einer Fokusgruppe über das Thema Männerbildung: Für viele war Männerbildung kein Begriff und musste erst einmal eingeführt und erklärt werden.
Sprachlich betrachtet ist Männerbildung die „Bildung“ von Männern im dreifachen Sinn: Männer werden gebildet – Männer bilden sich – Männer sind gebildet. Unter Männerbildung werden aber in der Regel nicht einfach sämtliche Bildungsprozesse bei oder von Männern verstanden, sondern vielmehr die Teile davon, bei denen sich Männer auch auf ihr gelebtes Mannsein und ihre Vorstellun-gen von Männlichkeit beziehen. Damit geht es also um eine Bildung von Männern „als Männer“. Dieses Verständnis fußt auf Diskussionen in den 1990er-Jahren, in denen (wie ein Blick auf die Literaturliste S. 32 zeigt) der Diskurs über Männerbildung einen ersten kleinen Höhepunkt aufweist. Das Thema wurde dabei von zwei Seiten in den Blick genommen: zum einen aus der Perspektive von Männerarbeit und -beratung, zum anderen aus dem Kontext der Erwachsenen-bildung.
In den 2000er-Jahren konnte sich das Thema Männerbildung jedoch nicht in der Breite halten oder weiterentwickeln, so dass es verstärkt erst wieder seit den 2010er-Jahren, und zwar häufig im Zusammenhang mit Väterbildung und Männergesundheitsbildung, wiederentdeckt und reaktiviert wird. Heute geht es nun einerseits um „männliche“ Zugänge in Bildungseinrichtungen oder die Geschlechtergerechtigkeit von „Bildung“ insgesamt, zum anderen um die Frage, ob sich mit Veränderungen bzw. Modernisierungen des Mannseins nicht auch subjektive Bildungszugänge und -bedarfe verändern – und „Männerbildung“ damit mehr als bisher ermöglichen oder auch notwendig machen. Dabei wäre allerdings zu beachten, dass Männerbildung im engeren Sinn, nämlich als Selbstbildung und mit Selbstbezügen, keine nur funktionale Ausbildung von Männern oder aber nette Geselligkeit bedeutet, sondern ein gewisses Maß an Reflexivität integriert.
Eine jüngere Definition hebt hervor, dass Männer im Rahmen von Männerbildung sich selbst zum Thema machen, wobei sich der Bogen von kritischer Selbstaufklärung bis zum Beratungs- und Therapiekontext spannt.


  • FORSCHUNGSBERICHT 2014 Lothar Böhnisch, Armin Bernhard, Matthias Oberbacher

    Grundlage der Studie „Männer in der Erwachsenenbildung“ waren einige Daten des Amtes für Weiterbildung der Autonomen Provinz Bozen und des Diözesanen Bildungshauses Kardinal Nikolaus Cusanus Akademie in Brixen sowie einige Umfragen des Landesinstitutes für Statistik. Dadurch sollte in erster Linie die Behauptung statistisch begründet werden, dass vorwiegend Frauen die Weiterbildungsangebote der verschiedenen Südtiroler Weiterbil-dungsorganisationen für sich in Anspruch nehmen. Diese These kann angesichts der hohen Prozentwerte an Teilnehmerinnen an den verschiedenen Weiterbildungsveranstaltungen nur bestätigt werden. Südtirols Weiterbildungsorganisationen, Weiterbildungseinrichtungen, Bildungshäuser und Genossenschaften für Regionalentwicklung (GRW) hielten im Jahr 2010 rund 9.500 Veranstaltungen mit über 260.000 Weiterbildungsstunden ab, welche von 170.000 TeilnehmerInnen, vorwiegend Frauen (66,0%) besucht wurden. (Jahresstatistik 2010)

  • Ergebnisse der qualitativen und quantitativen Erhebung

    Die Südtiroler Männerstudie zeigte auf, dass sich die Männer vorrangig an ihrer Erwerbsrolle orientieren. „Deutlich ragt die identitäts- und sinnstiftende Rolle der Arbeit heraus. Rund drei Viertel der Befragten sehen im Beruf nicht nur ein Mittel zum Geldverdienen und stufen ihre Arbeit als gesellschaftlich wichtig ein“ (Böhnisch 2012, S. 34). Obwohl die Familie und die Partnerschaft für den Großteil der Männer ein zentraler Lebensbereich ist und sich einige Veränderungen der traditionellen Männerrolle abzeichnen, wie die vermehrte Verantwor-tungsübernahme bei der Erziehung der Kinder, ist der Beruf der wichtigste Baustein männlicher Identität. Für Männer lässt sich Männlichkeit jenseits von Berufsorientierung schwer denken. Dies ist auch in der vorliegenden Studie vielerorts ersichtlich. Für die Männer ist Weiterbildung in erster Linie berufliche Weiterbildung. Rund neun von zehn Männern stimmen dem zu. Sieben von zehn Männern betonen auch die private Weiterbil-dung. Diese wird häufiger von jüngeren Männern angegeben und von Männern aus der Stadt. Vergleicht man dies mit anderen Angaben in der Studie, so lässt sich vermuten, dass einige Männer darunter auch jene für den (möglichen) Beruf nützliche Weiterbildung verstehen, welche sie in ihrer Freizeit besuchen und selbst bezahlen. Besonders das Internet verbinden viele Männer, knapp 70%, mit Weiterbildung. Noch vor Büchern oder Zeitungen. Erst dahinter, für rund jeden zweiten Mann folgen Seminare oder Vorträge. Für gut einem Drittel ist auch das Fernsehen eine Möglichkeit der Weiterbildung, weniger das Radio oder Podcasts, bzw. Hörspiele

  • Zusammenfassung

    Die Tatsache, dass sich Männer vorwiegend über ihren Beruf identifizieren, sollte in den Weiterbildungsorganisationen mehr berücksichtigt werden, indem sie als eigene Zielgruppe gesehen werden. Dadurch würden die Männer mit ihren Bedürfnissen und ihren Lernbiogra-phien zunehmend in den Vordergrund gerückt und die Bildungsangebote auf sie angepasst werden. Das passiert zurzeit zu wenig, auch weil vorwiegend Frauen für die Kursangebote in den einzelnen Bildungsorganisationen zuständig sind. Männer verwenden andere Kommunikationsformen als Frauen und somit bestärkt sich bei Männern oft der Eindruck, dass Weiterbildungsorte vorwiegend weibliche Bedürfnisse befriedigen. Männer sind primär auf praktische Tätigkeiten fokussiert und aus diesem Grund braucht es eine differenzierte Planung der Angebote. Lehrveranstaltungen sollen auch außerhalbe der üblichen Bildungsräumlichkeiten organisiert und männlich besetzte Räume wie Werkstätten und Gastlokale vermehrt genutzt werden. In diesem Sinne könnten diese praktischen Tätigkeiten als Anknüpfpunkt dienen und mit sozialen Kompetenzen und Reflexionen kombiniert werden. Dadurch würde den Männern der Einstieg erleichtert werden.


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